Warum Christen mutig leben können

Man darf zunächst den Mut und die Tapferkeit unterscheiden. Letzes meint mehr die Weise des Verhaltens in einer konkreten Situation, Mut ist die allgemeine Gesinnung, jene Art, wie einer überhaupt dem Leben begegnet. Es gibt den Mut als natürliche Anlage. Ein so gearteter Mensch hat kein sehr empfindliches Gefühl. Seine Fantasie ist nicht sehr lebendig, mögliche Gefahren kommen ihm nicht deutlich in den Blick. Innerlich unberührt, geht er durch gefährliche Situationen, wird mit ihnen leicht fertig. Er muss aufpassen, dass er nicht leichtsinnig und brutal werde.

Der Mut kann auch aus einer freudigen Lebenskraft kommen. Schwierigkeiten und Gefahren werden da als Spannendes empfunden. Es ist ein Vertrauen ins Dasein. Ein solcher muss achten, dass er besonnen und dankbar bleibe. Für einen anderen Menschen ist Tapferkeit und Ehre eins. Körperlich mag er gar nicht besonders stark sein, trotzdem hat er seinen festen Stand, er begegnet das Geschehen ohne Furcht. Das alles ist Anlage.

Mut ist demnach auch, seine Anlage, sein eigenes Dasein anzunehmen, wie es ist. Mut bedeutet, darin nicht auszusuchen, was gefällt oder leicht gelebt werden kann, sondern das Ganze anzunehmen, wie es ist, im Vertrauen, dass darin göttliche Zuweisung liegt. Niemand kann ein Mensch mit fühlendem Herzen sein und wohl Freude, aber nicht Schmerz empfinden, denn eines bedingt das andere. Zu den Unterschieden der Veranlagung kommen dann auch das natürliche Geschlecht, der Gesundheitszustand, die sozialen Verhältnisse und so fort. Sie bewirken, dass in dem betreffenden Leben bestimmte Dinge geschehen, andere aber fehlen.

Der Mensch hat immer Beziehung zum Ganzen, der Welt. Das Tier ist in seiner Umwelt eingeschlossen. Der Mensch ist auch individuell bestimmt, in Begabung, Bildungsstand, soziale Stellung etc., und dieses ineinander seiner Sonderart und Weltbezug macht die Eigentümlichkeit des Menschen aus. Dieses Wesensbild des Menschen ist verbunden mit der Spannung zwischen Notwendigkeit und Freiheit. Der Mensch lebt in den Spannungen des Ganzen. Er trägt jedoch die Tiefe in sich, aus der er stets neuen Anfang verwirklichen kann.

Das alles ist dem Menschen von Gott zugewiesen. Aus seiner Hand soll man es annehmen, es leben und bestehen. Das ist der Grund-Mut des Menschen. Aus ihm schöpft er, wenn Unabsehliches zerfällt, wenn man nicht sieht, was Neues kommen wird. Es ist daher sehr notwendig, dass man sein Dasein vertrauend aus Gottes Hand annimmt und es mutig lebt. Dann kann man die Zukunft mit Zuversicht voran leben, handeln, an ihr bauen, Beziehungen eingehen. Leben heißt, in dieses Unbekannte voranzugehen.

Diese Zuversicht bedeutet hier, dass das Zukommende kein Chaos und kein einfachhin Fremdes ist. Vielmehr werde die eigene Wesensart, die ordnende Macht im eigenen Innern einen Weg bahnen, so dass im Letzten alles die eigene Zukunft wird. Sie wird dann in all ihrer Unbekanntheit doch nicht fremd, gar feindlich, sondern von Gott zugedacht. Der Mut zum Leben geht hier mit dem Vertrauen auf Gottes Führung zusammen.

Dann muss noch das Verhältnis der eigenen Zukunft im Großen, zum Gang der Geschichte betrachtet werden. Das Leben des Einzelnen lebt nicht allein, es ist Teil des großen Ganzen. Gerade hier ist der Mut notwendig, es auch mit dieser Zukunft zu wagen. Wieder geht das im Vertrauen darauf, dass Gottes Führung sich darin auswirkt. Dieser Mut nimmt das Kommende an, sieht in ihm die eigene Aufgabe und stellt sich hinein. Das Leben ist unsicher, das Vertrauen in das von Gott geschenkte Leben macht gelassen und Ängste um etwa den Klimawandel, sozialen Abstieg oder allem Fremden kommt nicht auf oder wird ins rechte, vernünftige Licht gestellt.

In der Gefahr standzuhalten, bedeutet hingegen Tapferkeit. Die Wurzel dessen, was Gefahr heißt, ist das Böse. Es wirkt in allen Herzen. Die Gefahr ist die Verletzlichkeit unseres Wesens, unsere Vergänglichkeit, die macht, dass das Leben auf den Tod zugeht. Tapferkeit bedeutet hier, diesen Zustand des Daseins zu sehen und ihm standzuhalten, dem Leben standzuhalten, wie es kommt. So gehört auch die Schwere zu unserem Leben und wenn wir ihr standhalten, kann es zum Gewinn werden. Da hilft jener Mut, der das Leben annimmt, der aus der Überzeugung kommt, dass im eigenen Innern etwas ist, das nicht zerstört werden kann, weil es aus Gottes Schöpfermacht kommt. Daher kommt das Bewusstsein vom inneren Gehaltensein, das Vertrauen auf die heilige Hand in der Tiefe, am Rand des Abgrunds, des Nichts.

Mut zu leben, heißt, es mit Gottes Willen zu wagen. Gerade, wenn der Ruf Gottes auf einen trifft, und eine Entscheidung will. Etwa, welchen Beruf man ergreifen soll und wenn es sich um einen Menschen handelt, mit welchen Freunden man eine Beziehung wagt, welche Liebe man vertieft. Jede Mahnung des Gewissens ist ebenso Gottes Ruf. Das Gute ist nicht einfachhin das Nützliche, das Lebenssteigernde oder der Fortschritt der Kultur, sondern allein die Heiligkeit Gottes. Mut heißt hier, die eigene Hand in die Gottes zu legen und ihm zu folgen, im Kleinen, wie im Großen.

Und ist auch Gott mutig? Er war es, als er den Menschen schuf. Gott wollte Wesen schaffen, die Freiheit haben und gab ihnen seine Welt in die Hand. Gott war mutig, weil er sein Werk in die Gefahr der Freiheit des Menschen gab und sie damit dem Bösen auslieferte. Deshalb hatte er erneut Mut, als er selbst in die Verantwortung der Schuld des Menschen eintrat. Er wurde Mensch und nahm in des Menschen verwirrte Geschichte Schicksal an.

Da wird auch deutlich, welchen Mut Jesus Christus, der Sohn Gottes hatte. Er kam von der „Brust“ des Vaters, einer unendlichen Geborgenheit der absoluten Liebe und begab sich in die Lüge, dem Mordwillen, der kümmerlichen Enge des menschlichen Daseins. Jesus hat sich dort nie geschützt, hat alles angenommen, was an Machtwillen und Skrupellosigkeit vom Menschen her auf ihn kam. Bei der Stunde im Garten Getsemane, wo er sich in die Geborgenheit im Paradies beim Vater zurücksehnte, wo er vor Angst Blut schwitzte, dort können wir ahnen, welcher Mut in Christus war, als er in seinen und des Vaters Willen seine Zukunft auf sich nahm.

Diese Zukunft war kein strahlendes Heldentum, kein hocherhabenes Kulturwerk, keine lichtreiche Philosophie, sondern sie war Erlösung des Menschen, sie ist unseretwillen geschehen. Sie ist geschehen, damit wir den Mut gewinnen „Christen“ zu sein in der Welt, in der er „Christus“ war. Mut bedeutet letztlich die Haltung, die „dennoch“ sagt. Mut nimmt hier den Kampf auf gegen alles, was sinnlos erscheint, in der Gewissheit und im Glauben an Jesus, dass er es erlöst hat und damit in einen Sinn gesetzt.

S.D.G.

In Erinnerung an Romano Guardini.

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