Das christliche Naturrecht – Vorläufer der Menschenrechte

Es war Mitte des  17. Jahrhunderts, als wieder Theologen begannen, sich für Rechtstheorien zu interessieren und die Juristen in der Welt der Theologie lebten. Rechte zog man aus der Bibel (10 Gebote) und aus der Antike, etwa aus dem Römischen Recht, wo es heißt: „Die Grundlagen des Rechts sind folgende: Ehrlich leben, niemanden schaden und jeden das Seine zugestehen“. Das altbairische Lebensmotto des „Liberalitas Bavariae“, „Leben und leben lassen“, hat hier ihren Ursprung. Das Mittelalter hatte es verstanden, antike und christliche Rechtsvorstellungen zu verbinden und ein System zu entwickeln, das für die ganze christliche Welt gültig war.

Doch die Reformation spaltete auch dieses übergeordnete Rechtsdenken, das bis dato natürlich katholisch geprägt war. So sehnte man sich geradezu nach Regeln, die in Krieg und Frieden für jede Partei gültig sein konnten. 1625 verfasste deshalb Hugo Grotius, ein Niederländer, seine 3 Bände „Vom Recht des Friedens und des Krieges“. Grotius sucht eine gemeinsame Rechtsbasis, die für alle Menschen Gültigkeit hat, und fand sie wieder im Recht der Natur.

Grotius kommt zu dem Schluss, dass der Mensch zur Vernunft begabt ist und eine moralische Freiheit besitzt. Vernunft und Freiheit sind ihm von Gott verliehen worden. Dabei ist es unerheblich, ob ein Mensch an diesen Gott glaubt, denn das Naturrecht bleibt, wie die Naturgesetze, stets gültig. Grotius entwickelt daraus 5 Grundgesetze des natürlichen Rechts:

  1. Enthaltung vom Besitz anderer
  2. Verpflichtung zur Rückerstattung angeeigneten Gutes
  3. Verpflichtung, gegebene Versprechen einzuhalten
  4. Verpflichtung zur Wiedergutmachung von Schäden
  5. Bestrafung entsprechend den Vergehen gegen diese natürlichen Rechte

Über die Veröffentlichungen des deutschen Juristen Pufendorf 1672-1682 wurden diese Vorstellungen weitergereicht zu Christian Thomasius und Christian Wolff in Deutschland sowie John Locke und Anthony Shaftesbury in England. Ihnen ging es darum, ein tragfähiges internationales Recht zu schaffen, ein Recht, das über den Staaten stehen soll. In den Friedenskongressen von Rastatt, Utrecht, Baden, Wien, Aachen und Paris fand es als rudimentäres Völkerrecht tatsächlich Anwendung, Sieger und Besiegte konnten zusammen Lösungen finden.

Das 18. Jahrhundert empfand sich deshalb aus diesem naturrechtlichen Denken heraus übernational, kosmopolitisch. Der katholische Bischof Fènelon (siehe Beitragsbild) formulierte es in seinem „Telemach“ an die Monarchen gewandt: „Die beste Sicherung für einen Staat ist die Gerechtigkeit, die seinen Nachbarn das Maß, das Vertrauen und die Sicherheit gibt, dass ihr Territorium nicht besetzt werde. Die stärksten Mauern können infolge unvorhergesehener Umstände fallen: Das Glück im Krieg ist launenhaft und unsicher. Aber die Liebe und das Vertrauen Eurer Nachbarn – wenn sie Eure Mäßigung erfahren haben – bewirken, dass Ihr Staat nicht besiegt werden kann und dass er fast nie angegriffen wird“. Es war natürlich eine Utopie des Jahrhunderts, in dem Schlesien von Preußen annektiert wurde und Polen geteilt. Im 19. Jahrhundert entfernte man sich von dieser Utopie noch weiter, anstelle der universalen Harmonie trat der Nationalstaat mit seiner imperialistischen Politik.

Naturrechtler standen gegen die Lehre von der Staatsräson, gegen die brutalen Einzelinteressen des Machtstaates, wie sie Machiavelli (Principe 1532) oder Hobbes (Leviathan 1651) formulierte. Aus den Pflichten des Menschen entwickelten sich im Laufe des 18. Jahrhunderts die Rechte des Menschen und des Bürgers. Es waren die Rechte auf Unverletzlichkeit der Person, auf gerechtes Gericht, ungestörten Besitz und – neu und wichtig – auf Gewissensfreiheit.

Man räumte den Menschen eine bestimmte Freiheit ein, von der er jedoch einen Teil an die Gesellschaft abzugeben hat, um ein Zusammenleben überhaupt zu ermöglichen. Die Gesellschaft bzw. der Staat ist verpflichtet, diese Individualrechte zu respektieren und in ihr System einzubauen. Es fand hier der alte Respekt vor dem Mitmenschen, mit dem man seit altersher in Jesus Christus verbunden war, eine genauere, bindende Formulierung.

S.D.G.

Werbung

Hier kannst du kommentieren

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

BRUNONIS

- die Gottsuche der Kartäuser und ihr Orden -

Neue katholische Frauenbewegung

Was Er euch sagt, das tut!

Gut Katholisch

... katholisch unterwegs mit Blick auf das Hl. Land

Das hörende Herz

... katholisch unterwegs mit Blick auf das Hl. Land

Neuer Anfang

... katholisch unterwegs mit Blick auf das Hl. Land

Hagen Unterwegs

Schau in Dich - Schau um Dich - Schau über Dich

Katholisch? Logisch!

SPIRITOTROPH, HÄRETICOPHOB, ECCLESIOPHIL, HOSTIOPHAG

Stefan Oster SDB

... katholisch unterwegs mit Blick auf das Hl. Land

Recktenwalds Essays

... katholisch unterwegs mit Blick auf das Hl. Land

Wegbegleiter - Fährtensucher - Wellenreiter

In den Fußspuren des Rabbis - Gemeinsam unterwegs mit Christof Lenzen

Auf dem Weg

Pfarrer der Kath. Stadtpfarrei St. Jakob - Schwandorf

Frischer Wind

... katholisch unterwegs mit Blick auf das Hl. Land

%d Bloggern gefällt das: