Unsere Gefühle haben wir vom Schöpfer nicht allein zum Spaß, erst recht nicht zur Pein erhalten. Natürlich wollen wir das Glück (was immer man darunter verstehen will) optimieren und Schmerz sowie Leid minimieren. Gerade heute will man den Menschen nichts mehr zumuten, damit möglichst wenig Eigenverantwortung entsteht, die ein verzerrtes Bild von Freiheit angreifen würde. Darum entstand ein quasireligiöser Wellness- und Gesundheitskult oder eine Vergötzung von Natur mit eigenen Liturgien, Ritualen, Opfern und Priestern, aber das ist ein eigenes Thema. Doch auch dumpfe, traurige und melancholische Gefühle haben Berechtigung, sind Botschaft als Entmutigung.
Es gibt Entmutigung, auch wenn eine auf Leistung fokussierte Gesellschaft keine Verlierer, keine Antrieblosen dulden will. Doch dann bleibt nur Verdrängung, ein Zerreiben an Idealen. Auch junge Menschen plagen dann Zukunftsängste, Verlustängste, die sich bis zur Panik und Wut steigern können. Entmutigung hat viel mit unserer Prägung zu tun, welche Haltung wir dem Leben entgegenbringen. Eine Haltung löst Entmutigung auf, in dem sie von der Ewigkeit her betrachtet, eine andere Haltung ermöglicht Stimmen in uns, die diese Entmutigung bereitwillig entgegen nehmen. Dies sind die Schritte:
Annehmen!
Erlauben!
Loslassen!
Ruhig durchatmen!
Man wird oft durch einen äußeren Auslöser (Trigger) entmutigt oder ein innerer Prozess holt immer wieder grübelnd schmerzhafte Erlebnisse hervor. Man spürt, wie es enger wird in der Brust, die Atmung flacher. Die Stimmung betrübt sich, Traurigkeit hält Einzug. Doch dies nehme man an, das verhindert Verbitterung und Fragen nach dem „Warum gerade ich?“ oder ein Hadern mit sich, dass es schon wieder geschehen. Denn Gefühle sind nicht böse, sie sind zunächst neutral, sie haben eine Botschaft. Was man bekämpft, wird dadurch nur stärker. So kann der eigene harte Kampf dazu führen, dass man die Liebe vergisst, zu sich, besonders zu den Mitmenschen.
Gefühle dürfen uns aber auch nicht vereinnahmen und beherrschen. Es gilt einen bewussten Prozess zu beginnen, der das Gefühl ernst nimmt und ihm „lauscht“, es dann aber auch wieder loslässt. Das führt dazu, dass man frei bleibt, nicht gefangen genommen wird. Menschsein bedeutet nicht ferngesteuert allein aus Gefühlsimpulsen zu leben, sondern mehr und mehr aus der Fülle des Geistes. Unser Geist bewegt unsere Vernunft, man lebt sich wieder in die Gegenwart ein, die Sorgen der Vergangenheit und die Ängste um die Zukunft werden in ihren relativen Rahmen zurückversetzt. Es ist die Gegenwart des ewigen Schöpfers, wo alte Wunden zu heilen beginnen können, Hoffnung wieder wachsen, indem ihre Signale ernst genommen werden. Jedoch niemals so ernst, dass sie binden sowie bestimmen und von der eigentlichen Bestimmung abhalten.
Diese Gegenwart des Schöpfers vermittelt ebenso ein unbedingtes Geliebtsein – auch mit seinen Fehlern und gerade in der Entmutigung. Überhaupt Liebe: Sie ist nicht allein ein Pflaster, das Wunden verdeckt, sie ist Heilmittel und nicht nur Gott ist die Liebe, jedem Menschen wurde sie von ihm auch mitgegeben. Mitmenschen, der Nächste können einen ebenso heilen – in der Verantwortung der Liebe und nicht allein im mitleiden. Wie oft geschieht es, dass Mitleid nicht heilt, sondern nur Entmutigung und ein Selbstmitleid bestätigt, verstärkt, weil es nicht in der Wahrheit der Liebe steht, die den Entmutigten annimmt, ihm zuhört, Perspektiven ermöglicht.
Der Mensch ist ein Ganzes aus Leib, Seele, Geist. So unterstützt die innere Herzenshaltung, welche von der Ewigkeit her lebt, auch die Einübung des Leibes in ein Gefühl der Gelassenheit mit Vernunft und Verstand. Indem man nun auf seinen Atem achtet, der ruhig und tief wird, aktiviert man den Parasympathikus. Dies wirkt entspannend auf das vegetative Nervensystem. All das ist Übungssache, aber keineswegs ein Trick, um das Gefühl möglichst schnell loszuwerden oder zu verdrängen. Im Gegenteil: es ist ein bewusstes Annehmen und Wahrnehmen, dann ein bewusstes, dankbares Loslassen. Das geschieht gewaltfrei, ruhig, bei klarem Verstand. Es ist deshalb keine religiöse Meditationspraktik, wie im Buddhismus. Zu all dem braucht es ein wenig Selbsterkenntnis und das Bewusstsein, dass wahre innere Freiheit sich auch nicht von Gefühlen und Wünschen gefangen nehmen lässt.
S.D.G.