Wer Autonomie statt Autoritarismus will, muss wissen, dass er dadurch mehr Verantwortung für sich und einer Gemeinschaft übernimmt, in der alle, auch Andersdenkende, diese Autonomie ermöglicht wird. Es bedeutet nicht, allgemein Hierarchien zu missachten, sondern seiner Verantwortung darin gerecht zu werden. Autonomie gelingt nicht durch Anarchie, denn einer äußeren Freiheit muss eine geordnete und darum feste innere Freiheit vorausgehen. Kein System kann langfristig und nachhaltig wirken, wenn es sich gegen das Leben vom Mutterleib an bis zu seinem natürlichen Ende stellt. Leben braucht Raum unter Achtung seiner natürlichen Grenzen, Sicherheit, um sich zu entfalten und es will Liebe, damit es erfüllt ist.
Unabhängig von einer politischen Gesinnung meint ein egoistischer Mensch der Gegenwart, er müsse sich frei machen von, anstatt für etwas oder jemanden. Dabei nimmt er sogar einen Autoritarismus in Kauf, der entsprechend seiner Gesinnung Verbote, sogar im Denken, ausspricht und autoritär durchzusetzen gewillt. So wechseln nur die äußeren Abhängigkeiten, weil im Innern des Menschen keine Freiheit und Frieden herrschen.
Wer Autonomie statt Autoritarismus will, muss deshalb folgendes beachten:
- Man muss umdenken, umkehren (Metanoia), sich selbst reflektieren, alte Denkmuster aufbrechen. Man muss seine Gebrochenheit, Verletzlichkeit in Demut erkennen und damit ebenso bei anderen rechnen. Man muss wissen, dass man Schuld hat, haben kann und haben wird und Vergebung braucht, sowie der Andere auch.
- Man muss sich dann seiner Freiheit bewusst werden. Man ist Ungerechtigkeit ausgesetzt, Schmerz und Leid. Man kann dem nicht entkommen, aber man kann beeinflussen, wie man selbst damit umgeht. Man macht sich so frei von Anderen, „den Umständen“, „seinem Schicksal“, „seinen Genen“. Man behält die Kontrolle über sein Leben.
- Dieses Leben muss Sinn gegeben sein. Wer weiß, woher er kommt und wohin er gehen wird, gibt dem Weg dazwischen einen Sinn. Nicht dieser Weg ist das Ziel, sondern etwas oder jemand, was oder der über den Menschen hinausweist. Es ist Gott. Das Leben erhält im Ziel, dem Sinngeber, seinen Sinn. Wäre alles allein am Menschen gelegen, könnte es auch zur Illusion werden.
- Zu diesem Ziel und davon ausgehend zu anderen Menschen sowie sich selbst muss man vertrauen aufbauen. Auf Gott bezogen nennt man das Glaube. Ohne Vertrauen wäre man verloren in Verunsicherung, die Vernunft wäre gehemmt, man würde sich stets ungerecht behandelt fühlen, falsch informiert. Zu vertrauen erfordert Mut, man wird von Menschen enttäuscht werden, aber wo man vertraut, wird einem vertraut.
- Durch Vertrauen entsteht Verbundenheit. Der Mensch ist ein Beziehungswesen und gemeinsam wird der Weg leichter. Wer sich verbindet im Geist mit anderen, ist viel stärker, als wenn er ohne diese Verbindung nur gemeinsam handelt.
- In der Verbundenheit entsteht Sicherheit und man kann Gelassenheit üben. Geduldig zu sein heißt, sich seiner Ziele bewusst und sicher zu sein. Man kann zurücktreten, in sein Herz und in das Herz des Anderen blicken, ihn zu verstehen versuchen und das Gesamte im Auge behalten.
- Man muss die Wahrheit suchen, in ihr handeln und sie nicht an die Lüge verraten. Man muss authentisch sein, jenes, was man sagt, auch tun wollen.
- Dazu muss man offen sein, gegenüber den eigenen Fehlern, aber auch jenes ansprechen, was einen stört. Nicht anklagend, sondern Lösungen suchend.
- Man muss zuversichtlich sein, dass es gelingen kann. Ohne Hoffnung verliert sich alles handeln und denken in Banalität, das Leben wäre Illusion. Man muss immer wieder neu beginnen können und vergeben, sich und anderen.
Es gibt viele „muss“, wenn man eine innere Autonomie anstrebt, denn eine Freiheit für das Leben und die Liebe duldet keine Halbheiten. Fazit: Aufbruch, Freiheit, Sinn, Vertrauen, Verbundenheit, Gelassenheit, Wahrheit, Offenheit und Zuversicht sind 9 Schritte, die zur inneren Freiheit führen und damit wahre Autonomie fördert.
S.D.G.
siehe auch: Lorenz Marti, „Türen auf! Spiritualität für freie Geister“