Christusorte: Die Grabeskirche in Jerusalem

Am 13. Juni 313 wurde das „Mailänder Edikt“ verkündet, welches das Christentum als „religio licita“ einstufte, als erlaubte Religion, gleichberechtigt neben anderen Religionen. Diese Religionsfreiheit sollte ein Garant für das Wohlergehen des Staates sein, so jedenfalls hofften die römischen Kaiser Licinius und Konstantin. Auch für das Hl. Land war das Mailänder Edikt von Bedeutung, Palästina ist Teil des römischen Weltreichs. Hier wurden Christen bisher vom Staat verfolgt, viele Märtyrer gingen aus dieser Verfolgung hervor. Kaiser Diokletian wütete Anfang des 4. Jahrhunderts besonders grausam gegen Christen auf palästinensischen Boden. Jedoch unterstand das Hl. Land 313 noch nicht Konstantin, sondern seinem Mitkaiser Licinius, der im Osten des Reiches regierte. Als er mit Konstantin in Konflikt geriet, begann Licinius wieder mit Verfolgung und Unterdrückung von Christen. So wurden um das Jahr 320 vierzig christliche Soldaten der Legio Fulminata getötet, weil sie sich den Opfern an heidnischen Gottheiten verweigerten.

Der Religionsfrieden trat im Hl. Land erst ein, als Konstantin im Jahr 324 alleiniger Kaiser des römischen Reiches wurde. Nun konnte sich das Christentum ungehindert unter der Gunst des Kaisers ausbreiten. Die vielen byzantinischen Ruinen, die man heute noch im Hl. Land vorfindet, zeugen vom reichen christlichen Leben der Zeit. Die Eroberung von Palästina durch die Muslimen im 7. Jahrhundert beendete die christliche Blütezeit.

Schon beim Konzil von Nicäa nahmen Bischöfe aus Palästina teil, so Makarios aus Jerusalem und der schreibfreudige Eusebius aus Caesarea. Seiner Freundschaft zu Kaiser Konstantin verdanken wir heute die erste Kirchengeschichte und eine Biografie des Kaisers. Diese ist jedoch kein nüchtern verfasstes Geschichtsdokument, sondern eher eine Lobrede, die Konstantin als vorbildlichen christlichen Kaiser darstellen will.

Kaiser Konstantin stieß im Hl. Land vier große Bauvorhaben an: die Grabeskirche in Jerusalem, die Geburtskirche in Betlehem, die Eleona-Kirche auf dem Ölberg und eine Basilika in Mamre, ein ehrwürdiges Heiligtum von Abraham in der Nähe von Hebron. Gewöhnlich ist es die Mutter des Kaisers, Helena, die als Bauherrin der Geburts- und Grabeskirche genannt wird. Sie besuchte 326 das Hl. Land.

Auch vor Konstantin existierten bereits christliche Heiligtümer in Palästina, allerdings finden sich über sie nur wenige Hinweise. Eine dieser Kultstätten war die Hauskirche Dura Europos ganz am östlichen Rand des römischen Reiches, das in der Mitte des 3. Jahrhunderts erbaut wurde. In Kafarnaum ist der christliche Kultraum im Haus des Petrus ebenso vorkonstantinisch. Der christliche Schriftsteller Laktanz berichtete jedoch von bereits ansehnlichen Kirchenbauten, die unter der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian zerstört wurden, so etwa in der Nähe seines Palastes in Nikomedien.

Eusebius geht ausführlich auf den Bau der Grabeskirche in seinen Schriften ein. Den Auftrag des Baus erteilte demnach ausschließlich Kaiser Konstantin. Seine Mutter Helena wird nur mit der Geburtskirche und dem Eleona-Heiligtum in Verbindung gebracht. Eusebius betont zudem, dass der Kaiser den Bauentschluss nicht ohne Gott fasste, vielmehr hat Jesus Christus ihn im Geiste dazu bewogen. Über den Ort des Grabes Jesu und seiner Auferstehung gab es damals keinerlei Zweifel. Kaiser Hadrian hatte die Grotte des Erlösers verschwinden lassen wollen und deshalb darüber einen Tempel der Aphrodite errichtet, der den Ort bewahrte. Beim Abtragen dieses Tempels im Auftrag von Konstantin wurden die Grotte und das Kreuz wieder entdeckt. Nun konnte der Bau eines würdigen Heiligtums begonnen werden.

Der Kaiser befahl den staatlichen Behörden vor Ort, dass der Bau mittels staatlichen Spenden durchgeführt werde. In einem Brief an Bischof Makarios versichert der Kaiser, dass Techniker und Handwerker für den Bau zur Verfügung gestellt würden. Dabei fordert er Informationen über die Menge an Säulen, Marmor und Schmuck, den der Bischof benötige. Der Bau war in drei getrennte Teile gegliedert: über der Grabeshöhle, die von Felsen begrenzt war, entstand ein Rundbau, anschließend ein großer, nicht überdachter Platz, den Säulen einrahmten. Inmitten dieses Innenhofes lag die Spitze des Felsens von Golgota. Am anderen Ende des Platzes erhob sich eine große Basilika, die im Innern mit Weihegeschenken aus Gold, Silber und Edelsteinen geschmückt wurde. Der gesamte Komplex, dessen Länge wohl 150 Meter betragen hat, konnte im Jahre 335 eingeweiht werden. Eine Abbildung dieses konstantinischen Baus findet sich auf der Madaba-Karte aus dem 6. Jahrhundert und auf dem Apsis-Mosaik der Kirche Santa Pudenziana in Rom aus dem 5. Jahrhundert.

Im Jahre 614 zerstörten die Perser diese Anlage. Damals stellte sie der Patriarch Modestus ohne die schmuckvolle Ausstattung wieder her. Allerdings überdachte er den Felsen von Golgota. Als die Muslimen das Hl. Land eroberten, blieb die Grabeskirche unversehrt, jedoch verloren Christen den ungehinderten Zugang zum Heiligtum. Ein Erdbeben zerstörte im 9. Jahrhundert die Kuppel der Kirche, 841, 938 und 946 richteten Brände größere Schäden an. Kalif al-Hakim ließ den Bau 1009 dann bis auf die Grundmauern niederreißen. In der Zeit der Kreuzfahrer erstand die Grabeskirche dann wieder im alten Glanz im romanischen Stil, so wie man sie heute noch sieht.

War Konstantin ein Heiliger? Die Ostkirchen verehren ihn als solchen. Jedoch weniger aufgrund seines religiösen und frommen Lebens, sondern weil er dem Christentum Freiheit brachte und es förderte. Dennoch nicht ausschließlich, wie Eusebius berichtet. Der Kaiser schenkte auch Heiden im ganzen römischen Reich zahlreiche Gaben. Konstantin steht am Anfang der glanzvollen Epoche des christlichen byzantinischen Reiches, er förderte und baute an den bedeutenden Stätten der Christenheit schöne Kirchenbauten. Dies förderte auch die Wallfahrt in das Hl. Land. Die westliche Kirche kennt Konstantin nicht als Heiligen, zu zahlreich erscheinen ihr seine unheiligen Kapitel im Leben. Dennoch vergisst sie nie, was sie ihm zu verdanken hat.

Nach der sogenannten konstantinischen Wende kam es zu einer unheilvollen Verbindung von Religion und Politik. Dies kann man Konstantin jedoch nicht anlasten, denn unter seiner Herrschaft war das Christentum noch keine Staatsreligion. Das Christentum wurde von ihm aber befreit. Das Mailänder Edikt galt der Religionsfreiheit für alle Bürger in seinem Reich, eigentlich ein Vorbild und sehr aktuell vielerorts, wo wieder Verfolgungen von Christen stattfinden. Bei all dem trägt Konstantin trotzdem zu Recht den Beinamen „der Große“.

 

S.D.G.

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